Diese 25 Filme waren die besten, die ich im Jahre 2012 zum ersten Mal gesehen habe.
25. „The Guard – Ein Ire Sieht Schwarz“ (John Michael McDonagh, 2011)
„The Guard“ macht aus der einfachen Komödienprämisse eines ungleichen Paares eine furchtbar schwarzhumorige Tour De Force durch das dunkelste Hinterwäldlerirland. Unbedingt mit einem Atemzug mit „Brügge Sehen … Und Sterben?“ zu nennen.
24. „Die Kommenden Tage“ (Lars Kraume, 2010)
So sieht man deutsches Kino äußerst selten. An der couragierten Zukunftsvision mit hollywoodeskem dramaturgischen Touch kann man sich stoßen, ich empfand Lars Kraumes Film allerdings als intensiv, professionell und mit seiner Zukunftsvision sehr realistisch — nicht zuletzt weil einige Elemente wie Tablet-PCs, die zur Zeit des Drehbuchentwurfes noch Zukunftsmusik waren, tatsächlich Realität wurden.
23. „Bis Ans Ende Der Welt (Wim Wenders, 1991)
Bisher bin ich (noch) nicht der große Wim Wenders-Fan. „Bis Ans Ende Der Welt“ konnte mich jedoch die gewaltige Spieldauer über unterhalten und verursacht ein schaurig-schönes Gefühl, der Gewaltigkeit dieses Großwerkes nicht ganz gerecht zu werden. Wird nochmal geguckt, wenn es eine Nacht zum Durchmachen gibt.
22. „Margin Call – Der Große Crash“ (J.C. Chandor, 2011)
Fast in Echtzeit erzählt der Film die letzten Stunden vor der großen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 nach, mit intelligentem Drehbuch, gutem Cast und einer Prise zynischem Humor wird hier die dekadente Egalstimmung der Verantwortlichen dargestellt. Ein absolut sehenswerter, anspruchsvoller Film, der trotzdem bis zur letzten Minute unterhält.
21. „Alice Im Wunderland (Clyde Geronimi & Wilfred Jackson & Hamilton Luske, 1951)
Eine der vielen Verfilmugen des Stoffes, dennoch halte ich die 1951er-Variante für die beste. Für die Entstehungszeit atemberaubende Tricktechnik, sowie eine selten erreichte Skurrilität der Figuren, die auch auf erwachsene Zuschauer noch eine fast schon psychotische Wirkung haben können. Kein FSK0-Film meiner Meinung nach. Katze oder Raupe etwa haben Albtraumpotenzial.
20. „Die Feuerzangenbowle“ (Helmut Weiss, 1944)
Den Film sah ich am Nikolaus in der Universität vor ca. 150 Leuten, die den Film mit Einrufen, Wooohs und Klatschbeifällen begleiteten. Zum Glück gab es da Untertitel. So konnte man sich bei diesem für die Entstehungszeit überraschend frechen Filmklassiker herrlich amüsieren. Einer der besten deutschen Komödien, die je gemacht wurden.
19. „Chinatown“ (Roman Polański, 1974)
Der vielleicht noirste Farbfilm überhaupt bietet alles auf was ein guter Kriminfalfilm so braucht. Besonders stark auch wie die Chinatownvergangenheit des Protagonisten immer nur lose angedeutet wird und das Gezeigte als „Verhältnismäßig harmlos“ kommentiert, gleichzeitig aber auch eine epische Vorausdeutung auf das Ende des Films darstellt, welches dem Zuschauer mit einem Magenhieb versieht.
18. „Die Große Illusion“ (Jean Renoir, 1937)
Der einzig wahre Antikriegsfilm überzeugt in sämtlichen Belangen, was für seine Entstehungszeit besonders beeindruckt. Der 18. Platz und einen persönlichen Friedensfilmnobelpreis für Jean Renoir.
17. „Ein Kurzer Film Über Die Liebe“ (Krzysztof Kieślowski, 1988)
Schande über mich, dass ich es nicht schaffte den kompletten Dekalog 2012 zu sehen. Die ersten sechs Episoden begeisterten mich jedoch bereits mit perfektem realistischem Kino, das zeigt, dass religiöse Kunst auch ohne giftigen Idealismus auskommt. „Ein Kurzer Film Über Die Liebe“, als einer der besten Teile der Filmreihe, steht auch stellvertretend für die gesamten zehn Filme auf dem siebzehnten Platz.
16. „Wenn Die Gondeln Trauer Tragen — Don’t Look Now“ (Nicolas Roeg, 1973)
Dieses subtil-gruselige, kinematografisch unwohle Etwas von einem Film ist mit Worten schwer auszudrücken. Einfach ein Gefühl, dass man nie so ganz wieder los wird in seinem Leben.
15. „Persepolis“ (Marjane Satrapi, 2007)
Genretechnisch tut man ganz gut damit „Persepolis“ zur Vereinfachung als Zeichentrickfilm abzustempeln, weil es hinter dieser optischen Genreisierung schwer ist zu beschreiben. Drama, Komödie, Dokumentation und Autobiografie. „Persepolis“ ist sehr viel und ein Lehrstück der etwas anderen Filmkunst.
14. „Weekend“ (Jean-Luc Godard, 1967)
Godard drehte den Antifilm, der erzählerisch einfach keinen Sinn mehr ergibt und im Grunde nur der exzentrische Versuch ist einmal so richtig gegen den Strich zu laufen, dass der Strich davon nachhaltig erschüttert wird. Und als solches funktioniert der Film tatsächlich, aber eben nur einmal.
13. „Achteinhalb“ (Federico Fellini, 1963)
Nach „Weekend“ der nächste ultrasubjektivistische Abfuckfilm. Fellinis Kritikerliebling ist ein Film, aus dem sich immer wieder neue interpretatorische Blickwinkel ergeben und der in seinem Ansatz des Films im Film und der Filmentstehung in der Filmentstehung ziemlich einmalig ist.
12. „Project X“ (Nima Nourizadeh, 2012)
Eine Mainstreamkomödie auf dem zwölften Platz, vielleicht die größte Überraschung. „Project X“ ist großartig, weil er schonungs- und hemmunglos ist, weil er auf abgestanzte Storyelemente verzichtet, drauf spuckt und drauf tanzt. Weil er nur von Jugendlichen erzählt, die eine Party feiern wollen. Weil er den Geist der Internet-Generation konserviert. Obwohl ich Electromusik in den meisten, nüchternen Momenten meines Lebens verabscheue, liebe ich „Project X“ und stehe dazu.
11. „Vertigo – Aus Dem Reich Der Toten“ (Alfred Hitchcock, 1958)
Der Bestenlistenabräumer schlechthin ist ein filmhistorisches Monument und der bisher beste von mir gesehene Hitchcock. Die vielzitierten damaligen technischen Nova, sowie die deutungsreiche Geschichte machen „Vertigo“ zu einem Meilenstein.
10. „Drive“ (Nicolas Winding-Refn, 2011)
Rüdiger Suchslands Nummer 1 des Jahres überzeugt mich unter den selben Gesichtspunkten wie ihn, nur dass er diese viel sexier ausdrücken kann. So kann ich nur sagen: „There’s Something Inside You, It’s hard to explain„.
09: „Das Fest“ (Thomas Vinterberg, 1998)
Ein vieldeutbares, perfekt gespieltes und geschriebenes Meisterwerk, das seine inhaltliche Dreckigkeit nochmal mit der kinematografischen Stilistik unterstreicht. Der vielleicht beste Bürgertumsabgesang der Filmgeschichte. Wer war nochmal Bunuel oder Visconti?
08: „Uzak – Weit“ (Nuri Bilge Ceylan, 2002)
Ein ruhiger, fotografischer Film, der nahezu allein als Garant für den jüngsten Erfolg des jungen türkischen Autorenkinos gelten kann. Ein ungewöhnliches und doch so treffendes Poträt Istanbuls.
07: „Possession“ (Andrzej Żuławski, 1981)
Nach Teys „memorabelsten Dreier der Filmgeschichte“ habe ich irgendwie das Gefühl, dass zu diesem Film alles gesagt wurde oder zumindest, dass ich es ohnehin nicht besser als Teys könnte. Im Keller „Possession“ zu gucken ohne zuvor etwas von dem Film über Zulawski gehört zu haben, war schon irgendwie übel. Zuvor sah ich Kieslowski und vom Artwork her ist „Ein Kurzer Film Über Die Liebe“ sogar vergleichbar mit „Possession„. Dann kommt dieser realistische Anfang des Films und dann wird es einfach immer abgefuckter … ich werde es nie vergessen. Mit Sicherheit nicht. Schade aber, dass fast jedes Jahr neue, bemitleidenswerte Filme mit dem selben Namen herauszukommen scheinen und man deshalb immer in Erklärungsnot gerät, wenn man „Possession“ zu seinen Lieblingsfilmen zählt.
06: „Die Faust Im Nacken – On The Waterfront“ (Elia Kazan, 1954)
Elia Kazans linksorientierter Film überraschte mich besonders positiv in diesem Jahr. Die konsequent angewandte neorealistische Machart, der starke Marlon Brando, die wunderbare Parabel, die sowohl moralisch, als auch politisch als auch einfach rein erzählerisch bestens funktioniert. Eine fantastische Arbeit.
05: „Schlacht Um Algier“ (Gillo Pontecorvo, 1966)
Pontecorvos neorealistischer Film bietet einen vorbildlich neutralen Blickwinkel auf die historischen Geschehnisse, geht schonungslos in die Vollen und ist bis aufs geringste Storyboardbildlein modern inszeniert. Ein zeitloser und rundum perfekter Film.
04: „Stalker“ (Andrej Tarkowskij, 1979)
Genau das was für die drei Protagonisten die „Zone“ ist, ist für den Zuschauer auch „Stalker“ selbst. Man kann den Film auf seine dreckige Optik und wenig zielorientierte Philosophiegespräche dekodieren, dann findet man in dem Film nichts als verrostete Wertlosigkeit. Aber man kann auch seine eigene, welterklärende Wahrheit in diesem Film finden. Jeder für sich.
03: „Renn, Wenn Du Kannst“ (Dietrich Brüggemann, 2010)
Dieser Film ist alles andere als perfekt und doch ist er in jedem Fall sehenswert. „Renn, Wenn Du Kannst“ steht wie kein zweiter Film dieses Jahr stellvertretend für persönliche Erlebnisse und Menschen in meinem Umfeld. „Renn, Wenn Du Kannst“ mag an mancher Stelle den roten Faden etwas verlieren, aber doch bleiben die ganz starken pointierten Dialoge im Hinterkopf, die herausragenden schauspielerischen Leistungen. Diese unfaire Elegie, die diesen Film zur wohl traurigsten „Komödie“ aller Zeiten macht.
02: „Idioten“ (Lars von Trier, 1998)
Von Triers Dogma95-Beitrag ist mehr als er zu sein scheint. Ein Film über eine Idee, die zur Ideologie wird und die Frage, ob sie einen Wert hat und wie weit man für sie gehen will. Ein Film, der Herz und Verstand anregt, wenn man ihn nicht auf die provokativ reduzierte Machart reduziert.
01: „Nader & Simin – A Seperation“ (Asghar Farhadi, 2011)
Ein perfekt ausgeklügeltes Drama, psychoanalytisch mit einer so selten erlebten Scharfsinnigkeit, perfekte sich überkreuzende Handelsmotive, der Figuren, die sich schauspielerisch gegenseitig immer wieder zu überbieten wissen. Ganz nebenbei noch Spiegelbild einer heutigen iranischen Gesellschaft zwischen religiösem Konservativismus und Moderne, Spiegelbild von Religion, Justiz und Mentalität des Landes und vergleichbarer muslimischer Länder. Darüberhinaus ein Film über den Wert von Wahrheit, über Stolz über einfachste menschliche Konflikte, mit einem perfekten, frechen Ende, das die Reflexion nicht auf das Einzelschicksal der titelgebenden Familie, sondern auf das gesamte Gezeigte legt. Ein perfekter Autorenfilm, der jeden Preis zu Recht erhielt und nun auch von mir zum persönlichen Film des Jahres 2012 gekürt wird.