Geldmacherei in videospielartiger Serialiät.
Originaltitel: Bates Motel — Season 1
Alternativtitel: Bates Motel — Erste Staffel
Produktionsland: USA
Veröffentlichungsjahr: 2013
Regie: Tucker Gates, John David Coles
Drehbuch: Carlton Cuse, Kerry Ehrin, Anthony Cipriano, Robert Bloch
Produktion: Mark Wolper, Roy Lee,John Middleton, Jr., Kerry Ehrin, Carlton Cuse, Vera Farmiga, Tucker Gates, Justis Greene, Scott Kosar, Erica Lipez, Christopher Nelson, Tim Southam, Jamie Kaye Wheeler
Kamera: Thomas Yatsko, John S. Bartley
Montage: Christopher Nelson, Sarah Boyd, Ryan Neatha Johnson, Vikash Patel
Musik: Chris Bacon
Darsteller: Freddie Highmore, Vera Farmiga, Max Thieriot, Olivia Cooke, Nestor Carbonell, Nicola Peltz, Ian Tracey, Michael Eklund, Mike Vogel, Michael O’Neill, Keegan Connor Tracy, Paloma Kwiatkowski, Michael Vartan, Jenna Romanin, Vincent Gale, Jere Burns, Rebecca Creskoff, Kenny Johnson, Mercedes de la Zerda, Conchita Campbell, Brittney Wilson, Carolyn Adair
Laufzeit: 416 Minuten
Norma Bates (Vera Farmiga) und ihr 17-jähriger Sohn Norman (Freddie Highmore) ziehen von Arizona nach Oregon, um nach dem Tod von Mann und Vater ein neues Leben anzufangen. Sie kaufen ein heruntergekommenes Hotel und wollen es wieder fit machen. In der Nacht bricht der ehemalige Besitzer des Motels ein und vergewaltigt Norma. Norman überrascht ihn dabei und schlägt ihn nieder woraufhin Norma ihn ersticht. Die beiden versenken die Leiche im Hafen. Norman findet außerdem ein Skizzenbuch im Motel, in dem gefolterte Frauen drin sind.[…]
Quelle: moviepilot.de
Replik:
„Manchmal muss man zu seinem Glück gezwungen werden“, dachte ich mir. Ich, der sich immer sträubte, Serien zu schauen, brauchte vielleicht einen Anschubser, eine Universität, die einen mit einer Hausarbeit dazu zwingt, eine Serie zu schauen, um endlich die Schönheit der Serienkunst kennenlernen zu können. So dachte ich. Nur leider war diese erste von mir gesehene Serie nach „Breaking Bad“, die äußerst misslungene erste Staffel der Serie „Bates Motel“. Ein furchtbar uninspirierter, zusammengeklauter Quatsch ohne jegliche Atmosphäre oder Glaubwürdigkeit, die einzig aus dem Namen „Norman Bates“ (bekannt aus Alfred Hitchcocks Klassiker „Psycho„) Profit schlagen will.
Jetzt-Zeit als kommerzielles Potenzial
In „Bates Motel“ geht es um die Vorgeschichte von „Psycho“, also dem Werdegang des jungen, pubertierenden Norman Bates zum Motel-Killer, der er in „Psycho“ dann ist. Dabei wird die Handlung, obwohl sie ein Prequel darstellt, in die Jetzt-Zeit verlegt. Die Gründe für diese freie Interpretation sind vermutlich folgende: Zum einen ist eine Serie in der Jetzt-Zeit kostengünstiger als eine Serie, die noch mit Kostümen und Kulissen in die 1940er Jahre verlegt werden müsste, wie es rein logisch einem Psycho-Prequel gebühren würde. Auch Handlungsfragmente lassen sich einfacher aus aktuellen Trends zusammenklauben und jugendliche Zuschauer (für diese die Serie offensichtlich gemacht ist) einfacher ansprechen. Zuletzt könnte man im Falle eines (großen) Erfolges der Serie sogar gleich noch ein Psycho-Remake in der Jetzt-Zeit dranhängen (oder dieses auf eine Staffel „Bates Motel“ ausbreiten). Es scheint also, als sei die Entscheidung des Settings eine rein monetäre gewesen, denn die Jetzt-Zeit wird keinesfalls dafür genutzt, sich interessant in aktuelle Diskurse einzubauen. Psycho-Killer sind potenziell ja immer eine Möglichkeit eines gesellschaftlichen Kommentars, aber davon in „Bates Motel“ keine Spur.
Psychologisierung eines Hitchcock-Klassikers
Das Besondere an „Bates Motel“ ist, dass die Serie aus Sicht der Mutter erzählt wird, also der Figur, die im Hitchcock-Original noch das große Fragezeichen darstellte. Eine mutige und gleichzeitig dumme Entscheidung, die Person psychologisieren zu wollen, die im Hauptfilm gerade durch das Nicht-Wissen über die Figur Spannung erzeugte. Aber dasselbe gilt im Prinzip auch für Norman Bates und die gesamte Serie. Die psychologische Fundierung ist das Konzept der Serie. Als Zuschauer wird man also in einen Lernprozess eingespannt, der uns zeigen soll, wie Mutter und Sohn zu dem geworden sind, was sie in der Filmgeschichte so berühmt gemacht hat. Dabei kann die Serie im Grunde nur scheitern. Der Horror des Films lag ja genau darin, dass lange Zeit nur mit der Oberfläche der Figuren konfrontiert werden und sich daraus ein Spiel mit den Zuschauererwartungen ergibt. Erst am Ende des Hitchcock-Films wagt der Film psychologische Erklärungen (auch wenn diese im Grunde genommen auch unnötig sind und Krimi-Konventionen geschuldet sind, von denen sich Hitchcock auch nicht zu 100% freimachen wollte). „Bates Motel“ beschäftigt sich aber permanent mit dieser Auserklärung seiner Figuren, anstatt dies lediglich auf ein erklärendes Finale zu beschränken.
Mehr Videospiel als TV-Serie
Aber warum scheitert dieser Ansatz einer Chronologie der psychologischen Ereignisse? Diese Antwort ist etwas komplexer, verläuft aber über die dramatischen Missqualitäten der Serie, die gleichzeitig die große Schwäche der Serie sind. In „Bates Motel“ funktioniert nämlich rein gar nichts im Stile einer guten Serie, in der ein Dominostein den nächsten bewegt und eine Figurenhandlung die Handlung einer anderen bedingt oder ermöglicht, sondern stattdessen sieht man hier eine Serialität, die an die unausgereifte Narration eines Videospiels erinnert. Die Serialiät der Ereignisse ist in „Bates Motel“ in lückenhafte Stationen unterteilt. Ähnlich eines „Quests“ eines Videospiels wird eine Nebenhandlung abgeschlossen und eine neue aus einem völlig anderem, lose angeschnittenen Feld ausgelöst. In einer Episode muss dann Norman Bates tatsächlich einen Gürtel bei einem Hauseinbruch stehlen. Dieser Gegenstand wird hier genauso behandelt wie eben ein Quest-Gegenstand in einem Videospiel. Ein an sich bedeutungsloses Objekt muss aus hanebüchenen, hauchdünn von der Vorgeschichte vorgetragenen Alibi-Gründen aus einem Ort geborgen werden, in dem eine spielerische Herausforderung liegt (was hier der Hauseinbruch darstellt). Ich möchte dies deshalb aufzeigen, weil ein Videospiel eine vergleichbare Spiellänge wie eine TV-Serie hat, aber (in der Regel) erzählerisch einfacher gestrickt ist, da die erzähllose Action im Vordergrund steht und ihre Begründung zweitrangig ist. Genau dasselbe Prinzip offenbaren uns schlechte Serien wie „Bates Motel“. Ebenso willkürlich und an Videospiele erinnernd, tauchen Bösewichte von irgendwoher auf und bedrohen die Bates-Familie. Man könnte hinter dieser dramatischen Schlechtigkeit das Sprichwort „zu viele Köche im Writer’s Room verderben den Brei“ vermuten, allerdings ist es nicht einmal so, als seien die Handlungen nur einfach schlecht miteinander verknüpft, nein, sie sind auch als einzelne Handlungen lächerlich klischierte Versatzstücke aus allen möglichen Serien und Filmen. Dass „Bates Motel“ ohne Recherche geschrieben wurde, sondern sich selbstzufrieden darauf beschränkt, Mash-up aus Genre-Abfällen zu sein, lässt sich an viel zu vielen Beispielen ausführen. Eine Hanfplantage mitten in Amerika, die zwar von Norman Bates und seiner Freundin Emma locker beim Waldspaziergang gefunden werden kann, aber sonst niemandem auffällt? Klar. Auch die stereotypisierten Drugdealer-Thugs machen den Umgang mit Rauschgiftkriminalität hier nicht authentischer. Leider ein Beispiel unter vielen.
Schurken wie aus Kinderserien
Das Schauspiel der Hauptdarstellerin Vera Farmiga, die die Mutter Norman Bates‘ mimt, ist hier noch als eine eher positive Randnotiz herauszustellen. Farmiga spielt recht pointiert und mit detailreichem Mimikspiel. Dass aber die psychologische Entwicklung einer coolen, smarten, aber gestressten American Mom irgendwas mit der Figur aus dem Hitchcock-Original zu tun haben soll, kann nur Behauptung bleiben. Ebensowenig ist die Charakterentwicklung von Norman Bates nachvollziehbar, der zu einem Psycho-Killer wird (bzw. rezidiv als Killer ausbricht), nur weil seine unsympathische, platt geschriebene Fast-Freundin Bradley ihm nicht treu bleibt. Sein Bruder Dylan funktioniert in der Charakterentwicklung zwar besser, ist aber als cooler Spätjugendlicher, der für das lokale Drogengeschäft in die Bresche springt, ein offensichtlicher und anhand der Story weitestgehend unbrauchbarer Klon der Jesse-Figur aus „Breaking Bad“ (oder womöglich noch Figuren anderer Serien, die ich noch nicht kenne). Da bleibt Olivia Cookes Figur der kränklichen Emma mit ihrer Sauerstoffflasche noch die interessanteste Figur, auch wenn sich in ihr ebenfalls zu sehr Klischees wie etwa die liebenswerte Außenseiterin oder der obligatorische Eifersuchtskonflikt, gekreuzt werden. Über die wirklichen Schurken dieser Serie muss eigentlich kein weiteres Wort verloren werden. Auch wenn in dieser Serie Kopfschüsse vorkommen, die die FSK-16-Einstufung halbwegs rechtfertigen, sind alle Bösewichte in „Bates Motel“ auf einem plakativen Level von Kinderserien wie „Die Pfefferkörner“. Seine Zielgruppe ernst nehmen, sieht jedenfalls anders aus.
Freud-Behauptungen
Dabei wird die Serie leider nie müde, lächerliche an Freud angelehnte Motive zu behaupten oder leichtfertig mit unverlässigem Erzählen zu hantieren, um Mord und Totschlag dramatisch zu rechtfertigen. Was dann zum Finale der Staffel in einer hervorsehbaren und trotzdem besonders bescheuerten Storywendung mit einer Lehrerin als Mutter-Figur kulminiert. Aber bis dahin hat „Bates Motel — Season 1“ ohnehin schon jedes schlechte Klischee ausgeschlachtet und wenig Hoffnung erlaubt, dass sich das in späteren Staffeln ändern wird. Eine schlechte Serie, die in Zeiten von Zwangssequelisierung un -serialisierung von Markennamen aus dem berühmten Norman Bates als Popkulturikone und — wenn wir ehrlich sind — aus dem einfach gestricktem Geschmack seiner jugendlichen Zielgruppe, versucht, Geld zu machen.
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