Skip to content

Am Wegesrand

Blog für Drehbuch- und Filmkultur

Menu
  • Filmrepliken
    • Nach Titel
    • Nach Zustimmung
    • Nach Regie
    • Nach Tags & Themen
    • Nach Produktionsland
    • Nach Jahren
    • Nach Kategorie(n)
  • Andere Artikel
    • Gespräche
    • Mythen des Alltags
    • Special
  • Über die Seite
    • Glossar verwendeter Begriffe
    • Impressum
    • Kritische Gedanken zur Kritik
Menu

Princess (mediumshot)

Posted on 19. August 20164. Februar 2022 by Bobby Stankovic


Ein Phantasma aller Seiten des Erwachsenwerdens.

Originaltitel: Princess
Produktionsland: Israel
Veröffentlichungsjahr: 2014
Regie: Tali Shalom-Ezer
Drehbuch: Tali Shalom-Ezer
Produktion: Leon Edery, Moshe Edery, Elad Gavish
Kamera: Radek Ladczuk
Montage: Neta Dvorkis
Musik: Ishai Adar
Darsteller: Shira Haas, Keren Mor, Ori Pfeffer, Adar Zohar Hanetz
Laufzeit: 92 Minuten

Die 12-jährige Adar (Shira Haas) lebt mit ihrer Mutter (Keren Mor) und ihrem jungen Stiefvater Michael (Ori Pfeffer) in einer kleinen Wohnung. Das Familienleben gestaltet sich eher unkonventionell. So schlüpft Adar häufig nachts ins Bett ihrer Eltern. Michael ist arbeitslos und verbringt die Tage mit Adar alleine zu hause, während seine Frau arbeitet. Schon bald nimmt die enge Beziehung zwischen Adar und Michael eine dunkle Wendung an und was anfangs noch Fantasie ist, kehrt sich in Gewalt um. Das Mädchen sucht Hilfe außerhalb der Familie und schließt Freundschaft mit Alan (Adar Zohar-Hanetz), der ihr erstaunlich ähnlich sieht … (SF)
Quelle: moviepilot.de

Replik:

Im Debütfilm der israelischen Regisseurin Tali Shalom-Ezer geht es um ein zwölfjähriges Mädchen, das von sexuellen Avancen ihres Stiefvaters bedrängt wird. Gerade als Topos einer modernen westlichen Gesellschaft, wie der hier porträtierte Teil des israelischen Bürgertums ebenso zur solchen dazugehört, ist die Geschichte allein nicht besonders neu und wurde so ähnlich schon vielfach erzählt. Trotz des Verdachts auf alten Wein in neuen Schläuchen ist „Princess“ aber ein vorzüglicher Film. Einerseits wird hier die Frauwerdung des zwölfjährigen Mädchens Adar auf besonders feinfühlige (möglicherweise biografisch angehauchte) Weise erzählt und zum anderen kommt dieser feministische Film ganz ohne Vorurteile oder unnötige Diabolisierungen des männlichen Geschlechts daher. Und das trotz des heiklen Themas.

Eine kleine Welt

Ganz wie auch die Welt von der jungen Adar noch eine kleine ist und noch vieles entdeckt werden muss, steckt auch Regisseurin Shalom-Ezer das filmische Spielfeld extrem kurz ab. Es gibt neben wenigen Momenten auf der Straße eigentlich nur die Wohnung, die Adar mit ihrer Mutter und dem Stiefvater beziehen. Hier gibt es nur das Schlafzimmer der Erwachsenen, ihr kleines Zimmer und der Wohnbereich Küche + Wohnzimmer. Die Betten, sowie der Esssenstisch und das Sofa im Wohnzimmer sind wiederkehrende Momente. Dadurch wird Adars realitere Welt spürbar und heimisch für den Zuschauer. Diese Strategie ist außerdem fruchtbar, um Adars phantasmatische Welt ebenfalls spürbar zu machen. Eine Welt, in der es einen Jungen gibt, den es eigentlich gar nicht gibt.

Das Phantasma: Alan

Dieser Junge, Alan, sieht fast genauso aus wie Adar. Er hat ein sehr feminines Gesicht, lange Haare und trägt immer dieselbe oder ähnliche Kleidung wie Adar. Der Film führt die Figur Alan ein, als gäbe es sie tatsächlich und verfälllt nie in effekthascherische Spielereien, die dem Zuschauer laut ins Gesicht schreien würden, dass Alan ja eigentlich gar nicht existiert. Alan ist einfach da. Und das ist auch gerade richtig und konsequent, denn Alan ist ja ein akzeptiertes und sogar erwünschtes Phantasma von Adar. Ein Eskapismus und eine Sehnsucht.

Alle Momente des Erwachsenwerdens

Während sich die sexuellen Avancen des Stiefvaters immer weiter anziehen, desto erwachsener das Mädchen wird (deswegen reden wir hier von keinem Pädophilendrama), umso mehr verflüchtigt sich Adar auch in ihr Phantasma von Alan. Dieser Alan ist gleichermaßen eine sexuelle Sehnsucht, als auch eine Selbstfiguration. Und gewissermaßen damit auch ein Übergang kindlicher Lust des Nachahmens, des So-sein-wollens-wie-andere und der erwachsenen Lust nach Individuation, die sich ja gerade auch durch die Sehnsucht zum (großen) Anderen erst auszeichnet und ausbildet. Alan ist also ein recht komplexes Phantasma, das so ziemlich alle Momente des Erwachsenwerdens in sich vereint. Und so ist es auch kein Zufall, dass sich das Verhältnis der beiden Figuren zu einander von einer Art Spielkamerad immer mehr zu einem tatsächlichen Sexualpartner bewegt. Hier wird symbolisch eine (frühe Phase der) Pubertät vollzogen und in Szenen, in den beide miteinander interagieren, kann sich jeder Zuschauer selbst einen Reim drauf machen, was gerade wirklich passiert. Von kindlichem gedanklichen Umhertollen bis zur Masturbation ist alles denkbar.

Präzise Figurenzeichnung

Bei der „Beziehung“ zum Stiefvater, der das Mädchen zunächst irgendwo außerhalb des Bildrandes streichelt, später küssen und mit ihr schlafen will, ist es also immer wichtig diese sexuelle Selbstfindung des Mädchens mitzudenken. Adar ist ja durchaus auch freiwillig zum Sex bereit oder zumindest sehr weit davor, das zeigt sich in einer Szene mit Adam. Sie ist aber nicht bereit und gewillt, mit ihrem Stiefvater zu schlafen, der seine Rolle als liebenswerte Vaterfigur natürlich dazu manipulativ ins Spiel bringt. Das einzige was der Film nun an dieser Stelle macht, ist genau dies anzuklagen. Dass ihr Stiefvater Michael als Erziehungsperson nicht mit ihr schlafen darf und sie das auch gar nicht will. Was der Film nicht macht, ist Michael als einen bösen Mann zu verklären. Michael ist manipulativ und natürlich auch unehrlich seiner Frau gegenüber, er ist aber in der Tat ein liebenswerter Mann und letztlich seiner sexuellen Lüste gegenüber hilflos. Dieses Bild zeichnet der Film sowohl im Schauspielerischen als auch der Psychologie des Buches in einer wahnsinnigen Genauigkeit.

Implizite Explizität

Man muss ebenso lobend hervorheben, welche filmischen Strategien der Film dazu anwendet, dass er nicht selbst zur Fleischesbeschau für Lüstlinge wird. Dass er nicht selbst zu dem wird, was er dramatisch hinterfragt. Hierzu fungiert die Figur des Alan. Da er ein Junge ist, kann er auch „oben ohne“ rumlaufen, ohne dass man hier primäre Geschlechtsteile eines minderjährigen Mädchens zeigen müsste. Da Alan aber der Alter Ego von Adar ist, wissen wir aber auch an dieser Stelle, dass Adar immer oben ohne herumläuft, wenn es Alan tut — also z.B. auch, wenn er das in Gegenwart vom Stiefvater Michael tut. Hier wird auf kreative und absolut legitim spielerische Weise eine Explizität erzählt, ohne sie zu zeigen.

71%

Bildrechte aller verlinkten Grafiken: © Marker Films

Anschlusslektüre

Dora oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern (quickshot) Corrections Class (mediumshot) Dancing Arabs (mediumshot) Louder Than Bombs (mediumshot)
  • Genre: Drama
  • Genre: Psychodrama
  • Genre: Themen-Drama
  • Jahr: 2014
  • Jahrzehnt: 2010er
  • Lesart: Feminismus
  • Lesart: Subjektkonstitution
  • Produktionsland: Israel
  • Regie: Tali Shalom-Ezer
  • Technik: Doppelgänger
  • Thema: Eifersucht
  • Thema: Erziehung
  • Thema: Familie
  • Thema: Fetisch
  • Thema: Identität
  • Thema: Lolita
  • Thema: Ménage-à-trois
  • Thema: Mütter
  • Thema: Schule
  • Thema: Sexualität
  • Thema: Sexueller Missbrauch
  • Thema: Vaterfigur
  • Trivia: Debütfilm
  • Zustimmung: 71%
  • Zustimmungsbereich: 70-79%
  • 1 thought on “Princess (mediumshot)”

    1. Pingback: Das Filmjahr 2016 | Meinungsimperialismus

    Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    • März 2023
    • Februar 2023
    • Januar 2023
    • Oktober 2022
    • September 2022
    • August 2022
    • Juni 2022
    • Mai 2022
    • April 2022
    • Februar 2022
    • Januar 2022
    • September 2021
    • Mai 2021
    • April 2021
    • März 2021
    • Februar 2021
    • Januar 2021
    • Dezember 2020
    • November 2020
    • Oktober 2020
    • September 2020
    • August 2020
    • April 2020
    • März 2020
    • Januar 2020
    • November 2019
    • Juni 2019
    • Mai 2019
    • Februar 2019
    • Januar 2019
    • November 2018
    • Oktober 2018
    • September 2018
    • März 2018
    • Januar 2018
    • Dezember 2017
    • Oktober 2017
    • September 2017
    • August 2017
    • Juni 2017
    • April 2017
    • Februar 2017
    • Januar 2017
    • Dezember 2016
    • November 2016
    • September 2016
    • August 2016
    • Juli 2016
    • Mai 2016
    • April 2016
    • März 2016
    • Februar 2016
    • Januar 2016
    • Dezember 2015
    • November 2015
    • Oktober 2015
    • September 2015
    • August 2015
    • Juli 2015
    • Juni 2015
    • Mai 2015
    • März 2015
    • Februar 2015
    • Januar 2015
    • Dezember 2014
    • November 2014
    • Oktober 2014
    • September 2014
    • August 2014
    • Juli 2014
    • Juni 2014
    • Mai 2014

    © 2023 Am Wegesrand | Powered by Minimalist Blog WordPress Theme