Ein großes Filmkunstwerk: Leone verbildlicht den Willen zur Weltherrschaft.
Originaltitel: Once Upon A Time In The West / C’era una volta il West
Alternativtitel: Spiel mir das Lied vom Tod
Produktionsland: Italien, USA
Veröffentlichungsjahr: 1968
Regie: Sergio Leone
Drehbuch: Dario Argento, Sergio Leone
Produktion: Bino Cicogna
Kamera: Tonino Delli Colli
Montage: Nino Baragli
Musik: Ennio Morricone
Darsteller: Charles Bronson, Claudia Cardinale, Henry Fonda, Jason Robards, Gabriele Ferzetti, Frank Wolff, Keenan Wynn, Paolo Stoppa u.A.
Laufzeit: 165 Minuten
Der skrupellose Eisenbahnunternehmer Morton (Gabriele Ferzetti) will entlang einer Eisenbahnstrecke zum Pazifik einen neuen Bahnhof bauen. Dafür engagiert er den Farmer McBain (Frank Wolff), der für ihn die Drecksarbeit erledigen soll. Falls er es nicht in der vorgegebenen Zeit schaffen sollte, wird Morton dessen kompletter Besitz mitsamt der Farm zugesprochen. Einen Tag, bevor McBains Ehefrau Jill (Claudia Cardinale), an der Farm ankommt, werden McBain und seine drei Kinder von dem Killer Frank (Henry Fonda) erschossen. Jill, die ihren Mann kaum kannte, muss nun sein Erbe antreten und die Bahnstation fertig bauen. Zunächst glauben alle, dass Cheyenne (Jason Robards) der Mörder des Farmbesitzers ist, doch ein geheimnisvoller Mundharmonikaspieler (Charles Bronson), der in der Stadt auftaucht, bringt Licht in das Dunkel. Während er mit der Hilfe Cheyennes Jill hilft, den Bahnhof zu vollenden, führt ihn die Suche nach dem wahren Mörder in seine eigene Vergangenheit.
Quelle: Moviepilot.de
Replik:
(ursprünglich erschienen als Post
im mittlerweile inaktiven Filmtiefen.de-Forum, 14.10.2013)
Fast 50 Jahre sind nun schon vergangen, nachdem „Spiel mir das Lied vom Tod“ erschien und der Filmkunst ein vorzeitiges Denkmal setzte. So leicht wie es dem Film gelang Geschichte zu schreiben, so schwer ist es dem Film noch neue subtextuelle Ebenen zu entnehmen oder irgendwas zu finden, was zu Sergio Leones Brachialwerk noch nicht gesagt wurde. Stattdessen könnte man die immer gleichen Schlagsätze runterbeten, wie sehr Kult die Morricone-Musik ist, wie prototypisch der namenlose Pistolero ist, wie episch die Geschichte von Rache, Gier, Zukunft und Vergangenheit ist. Selbst die Pointe, dass „Spiel mir das Lied vom Tod“, einer der kultigsten Filmtitel aller Zeiten, auf eine eigenwillige Übersetzung der deutschen Synchronisation zurückzuführen ist und im Original nie so im Film gesagt wird, ist mittlerweile ein alter Cowboyhut.
Mehr als Genre-Eigentümlichkeiten
Aber dem Film liegt ein tiefes Geheimnis zugrunde, warum dieses Manifest des Italo-Westerns einfach nicht langweilig wird, Generationen für Generationen begeistert und ihm eine zeitlose Coolness inhärent ist, die obwohl er zu den meist zitiertesten Werken der Filmgeschichte gehört, einfach nicht zu einer unfreiwillig komischen Western-Klamotte werden lässt. „Spiel mir das Lied vom Tod“ ist für mich der zelluloidgewordene Beweis, das ein Genre-Film sich qualitativ nicht durch eine Aufstapelung von Genre-Eigentümlichkeiten abhebt, sondern diese immer noch Tragmedium einer epischen, zeitlosen Geschichte sein können — und müssen, wenn sich der Film über sein Genre hinaus als All-Time-Classic verstehen will.
Episodisch, symbolisch, episch
Das Skript, an dem insgesamt Leone, Dario Argento, Bernardo Bertulucci und Sergio Donati ihren Anteil hatten, schafft den Balance-Akt, nicht in den Spaghetti-Western-Kitsch abzurutschten. Hilfreich dabei ist auch, dass sich der Film nicht ausschließlich auf einen einzigen Nameless-Hero konzentriert, sondern modern-episodisch mehrere Einzelschicksale zu einer großen Geschichte zusammenführt. Die 165 Minuten sind dabei tatsächlich noch eine recht schlanke Spiellänge für den riesigen Fundus an Symboliken und Metaphern, die sich dem Publikum auftun. Aufmerksame Zuschauer ist empfohlen, ohne Vorlektüre den Film zu sehen und dabei Notiz zu führen. Das Epos dreht sich im Grunde vor allem um die menschliche Gier gegenüber der großen Versuchung des weiten, profitergiebigen und unerschlossenen Land, das der Mensch mit seinen technischen Errungenschaften in Windeseile zu Eigen machen kann. Welches historisches Ereignis böte sich da besser an als der Eisenbahnbau gen West in Amerika? Die epische Geschichte von „Spiel mir das Lied vom Tod“ ist eine allgemeingültige, die man auch in die heutige Zeit übertragen könnte, die im Western-Milieu aber wohl seine stärksten Bilder findet.
Der Wille zur Weltherrschaft
Während die deutsche Fassung den Fokus mehr auf die Racheepisode des namenlosen Mundharmonikaspielers legt und kurioser Weise dabei dem Film ein deutlich hollywoodtypischeres Finale verleiht, sollte man den Film dennoch primär als Analyse des Phänomen Amerikas erfassen, welches in den anderen beiden Teilen von Leones Amerika-Trilogie „Todesmelodie“ und „Es war einmal in Amerika“ noch weiter vertieft wird, bzw. der westlichen Welt als Ganzes, da etwa zur selben Zeit ein ähnliches Eisenbahnwettrennen in Afrika unter den europäischen Großmächten stattfand. Durch den Plan, eine Eisenbahnlinie bis zum Pazifik zu errichten, erreicht Leone sogar, den Willen zur Weltherrschaft zu verbildlichen (die westliche Welt hätte damit den zweiten Weg nach Asien erschlossen und quasi die Welt einmal umrundet) ohne dabei Amerika zu verlassen.
Leones gewaltige Rache-Imperialismus-Geschichte von opernhafter Größe ist ein Kunstwerk, das zeigt, zu was der Film erzählerisch wie stilistisch fähig ist. Einer der größten jemals geschaffenen Werke dieser Kunst, der Jahrzehnte nach seiner Erstveröffentlichung nichts von seiner Faszination eingebüßt hat. Es war einmal im Westen — Als Sergio Leone sein Opus Magnum schuf.
91%
Bildrechte aller verlinkten Grafiken: © Paramount Pictures