Ein Reiben der Unschuld an übersexualisierten Sehgewohnheiten.
Originaltitel: Shanza Shu Zhi Lian (山楂树之恋)
Alternativtitel: Der Baum der Helden
Produktionsland: China
Veröffentlichungsjahr: 2010
Regie: Zhang Yimou
Drehbuch: Yin Lichuan, Gu Xiaobai
Produktion: Zhang Weiping, Cao Yuayi, Hugo Shong, Bill Kong
Kamera: Zhao Xiaoding
Montage: Meng Peicong
Musik: Qigang Chen
Darsteller: Zhou Dongyu, Shawn Dou, Xi Meijuan, Li Xuejian, Chen Taisheng, Rina Sa, Lü Liping, Sun Haiying
Laufzeit: 118 Minuten
Während der Kulturrevolution wird Jing, ein unschuldiges Schulmädchen, zu einem entlegenen Bergdorf zur “Umerziehung” geschickt. Jing ist sich darüber im Klaren, dass ihr eigenes Wohlergehen und das ihrer Familie davon abhängt, wie sie sich vor den Behörden verhält. Ein falscher Schritt und ihre Leben könnten zerstört werden. Ihr von Vorsicht und Zurückhaltung gekennzeichnetes Wesen wird auf die Probe gestellt, als sie sich in den charmanten Sohn einer Militärfamilie verliebt. Eine unwahrscheinliche und vor allem gefährliche Liebesgeschichte beginnt, die ihr Leben für immer verändern wird.
Quelle: Moviepilot.de
Replik:
(ursprünglich erschienen als Post
im mittlerweile inaktiven Filmtiefen.de-Forum, 28.10.2013)
Einer meiner kleinen Lieblingsfilmen und vielleicht mein absoluter Lieblingsliebesfilm. Es stimmt, dass Zhang Yimou mit seinem breitgefächertem Oeuvre bei dieser Romanadaption die Kritik am Mao-System ohne wirklichen Nachdruck verfolgt. Im Fokus steht die Liebesgeschichte zwischen Jing, dem Mädchen, das unter ständiger staatlicher Beobachtung steht und dem Soldaten Sun. Hier nimmt das China zu Zeiten der Kulturrevolution aber eine interessante Rolle ein: Es raubt dem Liebespaar Zeit, hat kein Interesse an ihrer Liaison, setzt moralische Maßstäbe, die dem Paar in die Quere kommen und am tragischen Ende des Films steht der titelgebende „Baum Der Helden“ mit seinem falschen, vaterländischen Pathos den Hoffnungen des Zuschauers auf ein glückliches Ende im Weg. So ist die Mao-Kritik Zhang Yimous zwar leise, aber man kann sie hören.
Sehnsucht entgegen der Unschuld
Grundsätzlich ist „Der Baum Der Helden“ ein Film der ruhigen, aber wohlgewählten Töne. Den ganzen Film über küssen sich die Protagonisten kein einziges mal. Diese Unschuld geht irgendwann in eine Sehnsucht über, die weit über das rein Körperliche hinausgeht und sich direkt auf den Zuschauer überträgt. Es ist eine Unbefriedigung, die sich an unseren übersexualisierten Sehgewohnheiten von Liebesfilmen reibt und jede Berührung der beiden Figuren, jedes Nahekommen und jede still vergossene Träne einen unschuldigen Reiz verleiht, der in einer Beinahesexszene ihren Höhepunkt erreicht.
Es ist eine subtile Kunst, die Yimou beherrscht, die die Unschuld seiner Bilder in tiefgehende Tragik verwandelt. Das Finale schafft es, die vergangenen Momente der Zweisamkeit wieder heraufzubeschwören und das Protagonistenduo für ihre Keuschheit zu verdammen. Hätten sie doch Courage gehabt und ihre Liebe gewagt, ja sich auch gegen das maoistische China im Kleinen aufgetan. So sind es beileibe nicht nur die Tränen eines niedlichen, jungen chinesischen Mädchens, die das erreichen, wofür Hollywood-08/15 Joshua Radin und eine traurige Stimme aus dem Off benötigt.
Gegen Mao im Kleinen
„I cannot wait for you for one year and one month. I cannot wait for you until you are 25. But I waited for you my whole life.„
Im Deutschen wurde der letzte Satz fälschlicherweise ins Präsenz übersetzt. Ansonsten kann ich keinerlei Auskunft über die deutsche Fassung des Films machen.
Sun und Jing sind keine breit ausgearbeiteten Individuen, die Geschichte der beiden kein wendungsreicher Trip, aber das würde die Aussage des Filmes verfehlen. Die Helden des Films sind allgemeingültig, stehen für eine kollektive Situation der Kulturrevolution, in der individuelles Glück im Keime des sozialistischen und nationalen Kollektivs erstickt wurde. Das kann man banal oder langweilig finden, mir gefiel „Shanza Shu Zhi Lian“ aber tausendmal besser als die in alle Richtungen gehenden Stilübungen Zhang Yimous, die selten die zurückhaltende, sanftmütige Schönheit dieser Filmperle erreichen.
82%
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