Richtungsweisend für den Mankind-vs.-XY-Horror.
Originaltitel: The Birds
Alternativitel: Die Vögel
Produktionsland: USA
Veröffentlichungsjahr: 1963
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Evan Hunter
Produktion: Alfred Hitchcock
Kamera: Robert Burks
Montage: George Tomasini
Musik: Bernard Herrmann, Oskar Sala
Darsteller: Tippi Hedren, Rod Taylor, Jessica Tandy, Suzanne Pleshette, Veronice Cartwright, Ethel Griffies, Charles McGraw, Lonny Chapman
Laufzeit: 115 Minuten
In einer Zoohandlung lernen sich in Die Vögel die Millionärstochter Melanie Daniels (Tippi Hedren) und der Anwalt Mitch Brenner (Rod Taylor) kennen. Mitch hat den Schalk im Nacken, was Melanie so sehr imponiert, dass sie ihn mit einem Besuch in seinem Heimatort, der Küstenstadt Bodega Bay, überrascht. Kaum angekommen, wird sie von einer Möwe attackiert und verletzt. Aber das ist nur der Anfang einer Reihe von unerklärlichen, immer aggressiver werdenden Angriffen
Quelle: Moviepilot.de
Replik:
(ursprünglich erschienen als Post
im mittlerweile inaktiven Filmtiefen.de-Forum, 24.10.2013)
So richtig unumstritten ist der Sitz im Kino-Olymp von Hitchcocks Horrorfilm-Pionier „The Birds“ nicht mehr. Viele moderne Horrorfilme, gerade jene, deren Antagonismen nicht menschlicher Natur waren, hat Hitchcock mit seinem Film geprägt, auch ist „The Birds“ ein Sammelsurium mittlerweile etablierter technischer Errungenschaften und aus dieser Sicht filmhistorisch höchst interessant. Aber während man über die altbackenen Effekte als Cinephiler noch gut und gerne hinwegsehen kann, bekommt man über das Effektkino hinweg relativ wenig geboten. Das macht ihm zwar immer noch zu einem sehenswerten Thriller bzw. Horrorfilm, nicht aber zu einem Meisterwerk.
Audiovisuelle Feindlichkeit
Wer sich mit Bild- und Tonelementen des Films auseinandersetzt, erkennt wie sukzessiv Hitchock seine Vögel immer präsenter im akustischen und visuellen Bereich werden. Das Vogelgezwitscher, das den kompletten Film einen Score ersetzt, fängt mit harmlosen Zwitschertönen im Zoohandel an und endet in einer tösenden Soundkulisse, die gerade deshalb so gut ist, weil Hitchcock mit neuer Synthie-Technologie arbeitete und einen regelrecht ohrenfeindlichen Experimentalton entwarf, der viele Zuschauer und -hörer mehr an Katzen als an Vögel erinnert. Die Mise-en-Scene kündigt schon früh einige vorrüberfliegende Vögel an, die mit zunehmender Erzählung immer größere Teile des Bildes einnehmen bis sie schließlich wie eine schwarze Wolke den Himmel überschatten.
Schmaler Grat zwischen natürlichem und unnatürlichem Verhalten
Gewöhnliche Verhaltensweisen und -orte der Vögel werden geschickt in ein anderes Licht umkonnotiert, vor dem man sich fürchten muss. Vögel fliegen gegen Türe, sitzen auf Strommästen, sitzen auf Geländern, sammeln sich, formieren sich. Alles durchaus natürliche Vorkommnisse. Der subtile Horror des Alfred Hitchcock spielt geschickt mit dem schmalen Grat zwischen natürlichem und unnatürlichem Verhalten. Die absolute Unberechenbarkeit des Antagonisten ist heute Standard-Element im Mankind-vs.-XY-Horror.
Technischer Charme, motivischer Scham
Die filmischen Techniken, die in „The Birds“ zum Einsatz kommen, waren seiner Zeit sicher das Nonplusultra, heute sieht das Ganze etwas angestaubt aus. Die technischen Tricksereien sind aber keineswegs die Schwäche des Films, sondern lediglich die strikte Zurschaustellung dieser. Der rustikale Stil aus ohrenbetäubender Krampfbeschallung und Vogelangriffen, die per Yellow-Screen-Technik (dem Vorgänger des Blue-Screens) über das Bild gelegt wurden, hat einen zeitlosen Charme und rechtfertigt immer noch einen Kultstatus in der Filmgeschichte und gezogenen Hüten in Form von Epigonen
Aber „The Birds“ ist nicht nur nicht selten unfreiwillig komisch im Verhalten seiner Figuren, er ist auch inhaltlich relativ uninteressant. Ein paar Motive wie die Rache der Natur am Menschen werden nur sehr hauchzart angerissen und sind reichlich platt umgesetzt, sollte es tatsächlich die Intention des Werkes sein. Auch die Mutter-Sohn-Beziehung kann nur mit sehr tollkühner Deutung auf das Verhalten der Vögel bezogen werden. Die Liebesbeziehung zwischen Melanie und Mitch ist voraussehbar und der snobistische Hedonismus Melanies nach zehn Minuten völlig vernachlässigt. Was bleibt ist ein gnadenloser Hitchcock, der Spaß daran hat, ungefährliche Kleinvögel im tödlichen Kollektiv auf die Menschheit los zu lassen. Das ist amüsant und unterhaltsam, aber teilt sich mit einem seiner Hut ziehenden Erben, „Der Weiße Hai“ nämlich, dass er nur als Pionier und Kultfilm Relevanz hat, in vielerlei Hinsicht aber kein herausragender Film ist.
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