Skip to content

Am Wegesrand

Blog für Drehbuch- und Filmkultur

Menu
  • Filmrepliken
    • Nach Titel
    • Nach Zustimmung
    • Nach Regie
    • Nach Tags & Themen
    • Nach Produktionsland
    • Nach Jahren
    • Nach Kategorie(n)
  • Andere Artikel
    • Journal
    • Special
    • Mythen des Alltags
    • Gespräche
  • Über die Seite
    • Glossar verwendeter Begriffe
    • Impressum
    • Kritische Gedanken zur Kritik
Menu

The Boss Of It All (quickshot)

Posted on 28. Juni 20144. Februar 2022 by Bobby Stankovic


Komödie à la Von Trier: Über die Entledigung der Verantwortung.

Originaltitel: Direktøren for det hele
Produktionsland: Dänemark
Veröffentlichungsjahr: 2006
Regie: Lars Von Trier
Drehbuch: Lars Von Trier
Produktion: Meta Louise Foldager, Peter Aalbæk Jensen, Vibeke Windeløv
Kamera: Claus Rosenløv Jensen
Montage: Molly Marlene Stensgård
Darsteller: Jens Albinus, Peter Gantzler, Iben Hjejle, Henrik Prip, Mia Lyhne u.A.
Laufzeit: 99 Minuten

Der Besitzer eines IT-Unternehmens will sein Geschäft verkaufen. Das Problem dabei ist, daß er damals, als er angefangen hat, einen Chef erfunden hat, hinter dem er sich bei seinen unpopulären Entscheidungen verstecken konnte. Nun aber wollen potentielle Käufer mit diesem Chef verhandeln, daher muß der Besitzer einen gescheiterten Schauspieler anstellen.
Quelle: Moviepilot.de

Replik:
(ursprünglich erschienen als Post
im mittlerweile inaktiven Filmtiefen.de-Forum, 10.08.2013)

Den Stil Lars von Triers zu beschreiben ist ein unmögliches Unterfangen, weil sich der Däne immer wieder neu erfindet. Er scheint zudem ein Faible dafür zu haben, sich selbst Regie-Herausforderungen zu stellen und wird daher desöfteren dafür angeklagt, dass diese unnötig und aufmerksamkeitshascherisch seien. Für seine Komödie „The Boss Of It All“ erfand er das Automavision, eine Technik, die die Kameraeinstellungen durch einen Zufallsgenerator laufen ließ und so die eigenen Schauspieler im Unwissen ließ wie sie gerade im Bild sind. Natürlich ist das ein kalkulierter Einzug in die Filmgeschichte. Aber Lars von Trier wäre nicht Lars von Trier wenn sein neuer Tick nicht eine cineastische Berechtigung mit sich brächte. Dieser Film ist eine feine Komödie über das Abgeben von Verantwortung und ebenso gibt auch von Trier seine Verantwortung ab, er macht seine eigene Feigheit zum Thema und das ist schon wieder ein beachtliches Kunststückchen. Ein unterhaltsames obendrein.

Zynisch wie ein Gott

Die Geschichte, die dem Film zugrunde liegt, hört sich nach einer schwachen Verwechslungskomödie ohne Mehrwert an: Ravn, ein Firmenchef, kann es nicht verkraften, bei seinen Angestellten unbeliebt zu sein und erfindet einen Chef, der über ihn steht, aber in Wahrheit gar nicht existiert, auf die er alle Schuldzuweisungen abschieben kann. Als die Firma aber gewinnbringend an einen isländischen Investoren abgetreten werden soll, muss der „Boss of it all“ körperlich anwesend sein. Also stellt Ravn den Schauspieler Kristoffer ein, der diesen Chef kurzerhand spielt. Die Prämisse ist also relativ simpel und bekräftigt meine Annahme, die mich schon seit Vinterbergs „Dear Wendy“ beschleicht: Dass Von Trier der einzige ist, der seine Drehbücher versteht und adäquat umsetzen kann. Was Lars von Trier aus dieser Geschichte macht ist nämlich ziemlich genial. Er crossovert seine sich wiederholenden kargen Bilder der Bürofluren mit viel Absurdität und einer Off-Stimme, die er höchst selbst einsprach und seine eigene Geschichte zynisch wie ein Gott kommentiert. Seinem Dogma-Film „Idioten“ ist der Film durchaus ähnlich, trotzdem parodiert der Film die Dogma-95-Bewegung „Das Leben ist wie ein Dogma-Film. Manchmal ist es ganz schön schwer alles mitzubekommen, aber manchmal ist es trotzdem wichtig.“ ebenso wie die Komödie an sich:

„Was soll dieser Break? Ganz zu schweigen von diesem primitiven und sinnlosen Zoom? Ich behaupte ohne Breaks keine Komödie (…) An dieser Stelle setzt der Behandlungsplan die Einführung einer neuen Figur vor.„

Von Triers Schuldabschiebung

Von Trier demonstriert uns hier wie man mit einfachsten Mitteln und niedrigsten Budgets stimmige Filme drehen kann, wenn man eine kreative Prämisse (oder eine unkreative Prämisse, die man kreativ persifliert) hat, der man den Inszenierungsstil komplett unterordnet. Die Automavision-Technik macht den Film kühl und computer-gesteuert wie die IT-Branche, die er zeigt und gleichermaßen kann der Regisseur ebenso wie Ravn seine Verantwortung auf den Computer abschieben; wenn dem Zuschauer die Optik nicht passt, ist nicht Lars von Trier, sondern der Zufall schuld. Ganz einfach.

Aus Not eine Tugend

Die 95 Minuten gehen trotz fast ausschließlich in grauen Bürogebäuden spielenden Handlung schnell vorüber. Die IT-Nerds sind natürlich sitcomartig überzeichnet, aber gerade deswegen interessant zu ergründen. Ihnen liegt alle eine Kränkung zugrunde, die sich aufgrund des Unwissens des Protagonisten Kristoffer erst nach und nach herausstellt. Das große Highlight des Films ist jedoch der grantige Isländer Finnur und sein glatzköpfiger Dolmetscher, denen das „Laientheater“ des dänischen IT-Unternehmens gehörig gegen den Strich geht. Die Spannung, die sich aus dem Sentimentalismus der Dänen und dem Zynismus der Isländer ergibt, sorgt für die lautesten Lacher im Film. Hier von noch mehr und Von Trier hätte sich vor dem Abspann auch nicht dafür entschuldigen müssen, dass man vielleicht nicht genug von dem bekommen hat, was man sich erwartet hat. „The Boss Of It All“ ist eben nur ein kleiner Betriebsurlaub für den dänischen Autorenfilmer. Wenn man aus der Not eine kreative Tugend macht, erscheint ein Bürokomplex auch kein allzu schlechter Urlaubsort zu sein.

Ein Film über die Verantwortungsabgabe und daher auch unmöglich für mögliche Nichtbefriedigungen verantwortlich zu machen. Sie haben uns mal wieder belehrt, Lars von Trier. Wer intelligent unterhalten werden will, sollte einen Blick riskieren.

79%

Bildrechte aller verlinkten Grafiken: © Zentropa Productions/ Memfis Film /Slot Machine / Lucky Red / Pain Unlimited GmbH Filmproduktion / Trollhättan Film AB / Alpha Medienkontor

Anschlusslektüre

Stromberg — Der Film (quickshot) Spring Breakers (mediumshot) Tangerine (mediumshot) The Beach Bum (quickshot)
  • Genre: Experimentalfilm
  • Genre: Komödie
  • Genre: Satire
  • Jahr: 2006
  • Jahrzehnt: 2000er
  • Lesart: Kapitalismuskritik
  • Produktionsland: Dänemark
  • Regie: Lars Von Trier
  • Stilepoche: Dogma 95
  • Technik: Eingreifen des Filmemachers
  • Technik: Off-Stimmen-Erzähler
  • Thema: Identität
  • Thema: Leben im Büro
  • Zustimmung: 79%
  • Zustimmungsbereich: 70-79%
  • Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    • September 2024
    • August 2024
    • Juli 2024
    • Juni 2024
    • Mai 2024
    • April 2024
    • März 2024
    • Februar 2024
    • September 2023
    • Juli 2023
    • Juni 2023
    • Mai 2023
    • März 2023
    • Februar 2023
    • Januar 2023
    • Oktober 2022
    • August 2022
    • Juni 2022
    • Mai 2022
    • April 2022
    • Februar 2022
    • Januar 2022
    • September 2021
    • Mai 2021
    • April 2021
    • März 2021
    • Februar 2021
    • Januar 2021
    • Dezember 2020
    • November 2020
    • Oktober 2020
    • September 2020
    • August 2020
    • April 2020
    • März 2020
    • Januar 2020
    • November 2019
    • Juni 2019
    • Mai 2019
    • Februar 2019
    • Januar 2019
    • November 2018
    • Oktober 2018
    • September 2018
    • März 2018
    • Januar 2018
    • Dezember 2017
    • Oktober 2017
    • September 2017
    • August 2017
    • Juni 2017
    • April 2017
    • Februar 2017
    • Januar 2017
    • Dezember 2016
    • November 2016
    • September 2016
    • August 2016
    • Juli 2016
    • Mai 2016
    • April 2016
    • März 2016
    • Februar 2016
    • Januar 2016
    • Dezember 2015
    • November 2015
    • Oktober 2015
    • September 2015
    • August 2015
    • Juli 2015
    • Juni 2015
    • Mai 2015
    • März 2015
    • Februar 2015
    • Januar 2015
    • Dezember 2014
    • November 2014
    • Oktober 2014
    • September 2014
    • August 2014
    • Juli 2014
    • Juni 2014
    • Mai 2014

    © 2025 Am Wegesrand | Powered by Minimalist Blog WordPress Theme