Die Gesellschaftsunfähigkeit von Fetisch und Perversion.
Originaltitel: Nymph()omaniac Volume II
Alternativtitel: Nymphomaniac Volume II
Produktionsland: Dänemark, Deutschland, Frankreich, Belgien, UK
Veröffentlichungsjahr: 2014
Regie: Lars Von Trier
Drehbuch: Lars Von Trier
Produktion: Louise Vesth
Kamera: Manuel Alberto Claro
Montage: Morten Højbjerg, Molly Malene Stensgaard
Darsteller: Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgård, Stacy Martin, Shia LaBeouf, Christian Slater, Jamie Bell, Uma Thurman, Willem Dafoe, Udo Kier
Laufzeit: 124 Minuten
In Nymphomaniac 2 wird die selbsterklärte Nymphomanin Joe (Charlotte Gainsbourg) an einem kalten Winterabend von Seligman (Stellan Skarsgård), einem alten Junggesellen, bewusstlos und zusammengeschlagen in einer Seitenstrasse aufgefunden. Er bringt sie in seine Wohnung, betrachtet sich ihre Wunden und versucht zu verstehen, was bei ihr schiefgelaufen sein könnte. Er beschließt, die Fremde in seiner Wohnung gesund zu pflegen.
Während des Heilungsprozesses erzählt ihm die 50-jährige Frau in acht Kapiteln aus ihrem reichen Schatz an sexuellen Erfahrungen – und zwar äußerst detailgenau.(…)
Quelle: Moviepilot.de
Replik:
(ursprünglich erschienen als Post
im mittlerweile inaktiven Filmtiefen.de-Forum, 03.04.2014)
Man könnte mutmaßen, Lars Von Trier ginge es wieder besser. Nachdem „Antichrist“ die totale Depression als Mitmacherfahrung und „Melancholia“ die bewundernde Kontemplation der Depression darstellten, spielte „Nymph()maniac“ mit einem heiteren Draufblick auf die Depression. Natürlich gibt es bei Von Trier auch immer ein weinendes Auge, wo es ein lachendes gibt, aber auffällig bleibt, wie spielerisch und selbstbewusst „Nymph()maniac“ daherkommt und dass man es tatsächlich im doppelten Sinne des Wortes als ein Lustspiel begreifen kann. Der zweite Teil der Nymphomaninnen-Chronik macht da weiter, wo Teil 1 aufgehört hat, kommt aber nicht ganz ohne Enttäuschungen aus.
Gesellschaftsunfähigkeit von Fetisch und Perversion
In „Nymph()maniac Volume II“ geht es um die Gesellschaftsunfähigkeit von Fetisch und Perversion (nicht ohne Grund schiebt Von Trier hier einen Mini-Diskurs zur Pädophilie ein, zu der er sehr richtige humanistische Schlüsse parat hat), sowie um die Auslebung dieser dort wo Gesellschaftsfähigkeit aufhört: in der Kriminalität. So spielt der zweite Teil auch vorwiegend in sterilen (Folter)-Kellern, trostlosen Hotelzimmern und eingebrochenen Villen irgendwo am Rande der Stadt. Es ist ein Film, der versucht die dicke Hälfte des Knüppels hervorzuholen, die Von Triersche Härte, die Subversivität, die dem ersten Teil gefehlt hat, aber darin tut er sich selbst unrecht, denn eigentlich ist auch der zweite Teil eine ungewöhnliche Komödie zwar, aber eine Komödie geworden. Es gehört etwas sehr schwarzer Humor und Distanz zu der Brutalität der Bilder dazu, um die Komik hinter einer Frau zu erkennen, die 40 Peitschenhiebe (Copyright by Imperium Romanum) auf ihren Hintern bekommt, bis diesen blutige Wunden zieren, aber wer sich das Lachen verkneift, hat Lars Von Trier wahrscheinlich nicht verstanden.
Zu selbst-erklärend
Trotzdem hört sich Von Trier in „Nymph()maniac II“ ein bisschen zu gern selbst beim Philosophieren zu und so erklärt er seinem Publikum ständig seine hochkulturellen Pointen, erklärt dass dort die Hure Babylon erscheint oder wie viele Peitschenhiebe Jesu Christi erhielt. Ein Von Trier in Höchstform hätte das wahrscheinlich als unkommentierte Anspielung in den Film eingeflochten. Die Erzähltechnik, die immer ein Gegenstand aus Seligmans Raum in Beziehung zu Joes Biografie setzt, ist doch nicht für eine Spielzeit von über 4 Stunden geeignet, ein bisschen frischer Wind hätte im zweiten Teil nicht geschadet. Großartig aber immer noch: Die Situationskomik der Einzelepisoden. Die „Nigga“-Szene ist der Höhepunkt des Films. Großartig, wie hier Penisse als pars pro toto für die Menschen miteinander streiten.
Der schwächste Depressions-Trilogie-Teil
Als Insgesamtwerk ist „Nymph()maniac“ der zugänglichste und leider auch schwächste Teil der Depressions-Trilogie. Im zweiten Teil vergreift sich Von Trier leider mehrmals erzählrhythmisch, schafft unglaubwürdige Zeitsprünge und verpasst es im Finale anstatt eines konsequenten Film versus die Liebe einen Film zu machen, der im Verdacht steht, hier wolle ein bitterböser dänischer Regisseur in den letzten Minuten noch seinen Marktwert als Enfant Terrible retten. Das ist zwar komisch, aber auch schade.
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